Die Wunsch-eM@il aus Heidelberg:

Die Wunsch-eM@il aus Heidelberg:

 

Mein WW-Handy
oder: Was mein nächstes Mobiltelefon können soll.

 

Nein, nein, da hat der Säzzer (© taz :-) kein W vergessen, ich will überhaupt nicht ins Internet mit meinem Handy, ist doch alles Fummelkram, haben Sie mal WAP ausprobiert? Da kriegt man doch die Krätz'! Und will ich wirklich im Kaffeehaus sehen, wie mein Aktiendepot vor sich hin schrumpft? Alles Quark. Ich sag' Ihnen mal, was ich mir von meinem Handy wünsche, vielleicht wünschen Sie sich's ja auch, und wenn wir beide feste die Daumen drücken...

 

Aus beruflichen Gründen trage ich das Handy von morgens bis abends bei mir – wie inzwischen wirklich viele Menschen, Handwerker, Bauunternehmer, Service­tech­niker... und alle sind wir darauf angewiesen, es schnell zur Hand zu haben, es darf nicht stören, und nicht in der Jacke klingeln, wenn diese in der Garderobe hängt etc.pp.

 

Als die Dinger noch fast ein Pfund wogen, konnte man sie nur auf den Tisch legen, für die Hosen- oder Hemdtasche waren sie zu schwer. Selbst mein Hagenuk-Flachmann war in der Brusttasche nur ein halbes Vergnügen, wie oft ist es mir rausgefallen, wenn ich mich bücken musste. Erst der Silberling von Nokia war klein genug, um quer in der Hemdtasche zu liegen, und leicht genug, um damit den ganzen Tag beschwerdefrei rumzurennen – nur im Sommer war dann das Problem, daß T-Shirts gemeinhin keine Brusttasche haben. Naja. Und im Auto das Ding unterm Gurt hervorwurschteln – auch nicht der Hit, und verboten ist das mittlerweile sowieso.

 

Als ich dann die tragbare Freisprech­einrichtung bekam, sprich: einen Ohrhörerknopf mit Kragenclip und Mikrofonerbse dran, war ich schon fast happy. Jetzt ruht das Handy in der Brusttasche und am Kragen baumelt unauffällig der Ohrhörer. Wenns klingelt kommt der Knopf ins Ohr, fertig. Die Tonqualität – auch für die Gegenseite – ist perfekt, ich könnte zufrieden sein.

 

Sowas wünsche ich mir auch fürs Festnetztelefon, wenn man an der Tastatur sitzt, wäre ein Knopf im Ohr zehnmal angenehmer, als der doofe Hörer.

 

Aber trotzdem wüßte ich noch was besseres:

Zum einen sollte das Handy, wenn ich irgendwo im Haus unterwegs bin, auch die Anrufe meines Festnetzanschlusses anneh­men können, das wäre eine große Erleichterung, ich habe es ja ohnehin bei mir. Und wenn ich selbst raustelefonieren will, zuhause oder unterwegs wäre es wirklich toll, wenn ich dazu das Teil nicht aus der Brusttasche wühlen müsste. Ich denk' mir das so: ich drücke auf den Gesprächsannahmeknopf an der Mikroerbse und spreche einen Namen hinein, notfalls Buchstabe für Buchstabe. Das Handy antwortet mit seinem Speichereintrag und wählt dann, wenn ich nicht abbreche. Oder ich sage die Nummer auf, Zahl für Zahl – das kann doch nicht so schwer sein....

Alternativ kann ich auch "Notiz" befehlen, und dann fünf Minuten Gespräch auf­zeich­nen, die Autonummer des Rüpels, der mich gerade geschnitten hat, die heisse Idee, die ich nicht vergessen will, den Termin, den ich heute abend noch eintragen muss.

 

Und mein WW-Handy kann noch mehr: Per Bluetooth-Funktechnik sendet es Öffnungs- oder Schliesssequenzen für Auto und Haustür  auf Zuruf, schon brauche ich keinen lästigen Schlüsselbund mehr mit mir herumzutragen. Und es bezahlt - auch per Bluetooth - automatisch kleinere Geldbe­träge im Bus, an der Supermarkt­kasse, an der Tankstelle, wenn ich will auch noch von verschiedenen Konten. Ach wäre das eine Vereinfachung, keine Geldbörse mehr, kein halbes Dutzend Scheck- und Kreditkarten, einfach nur "Zahle privat" oder "Zahle VISA" oder "Zahle Geschäftlich" reinsprechen, das Handy verständigt sich mit der Kasse, antwortet mit dem Betrag, ich drücke die Annahmetaste 2x und fertig ist die Laube.

 

Aber es kann noch mehr: Über UMTS und mein T-Radio-Abonnement*) kann ich, egal wo, Radio und selbstgewählte Musik hören. Pro Minute geht das Handy dafür durchschnittlich zwei Sekunden online, das genügt. Eine zweiten Ohrhörer brauche ich natürlich für Stereo, aber das ist auch schon alles. Kein teures Autoradio mehr, kein CD-Wechsler, und wo ein geeignetes T-Radio-Gerät in der Nähe ist, geht das (per Bluetooth-Kontakt) richtig mit Lautsprechern. Mit den Ohrstöpseln aber auch in der Bahn, am Strand, wo immer ich will. Dabei fällt mir ein: wasserdicht muß es natürlich auch sein. Und die Brusttasche ist doch wohl nicht der geeignete Ort, Frauen zum Beispiel haben selten welche, und wollen dann sicher da auch keinen Kasten drinstecken haben.

 

Viel besser wäre es doch, das ganze wäre eine Armbanduhr, und der Ohrhörer aussenrum aufgerollt, wie das Staub­sau­ger­kabel. Oder auch per Bluetooth verbunden, der Funk sitzt im Kragenclip. Das Display zeigt dann wirklich die Uhrzeit an, schön mit analogen Zeigern, der Ziffernkranz rund­herum ist die Tastatur (1-9,0,#,*). Dann würde sogar ich wieder eine Armbanduhr tragen – halt eine mit Ohrhörer. Ohrhörer ist sowieso ein Muss für das heiss angekün­dig­te mobile Bildtelefon: Haben Sie sich bei der schönen UMTS-Werbung nie gefragt, wie das gehen soll: Partner angucken und lauschen (und alle Nachbarn 'lauschen' mit), dann das UMTS-Handy zum Sprechen wieder ans Ohr – und woher kriegt dann der Gegenüber sein Bild? Nicht ans Ohr? Also Freisprechen? Dann hören alle voll Ihr Gespräch mit. Im Kaffee? Das babylonische Stimmengewirr möchte ich nicht hören müssen...

 

Display und Kameraauge am Handgelenk, dazu Knopf im Ohr und Mikro am Kragen­clip, so kann das was werden. Bei der geringen Displayauflösung wäre von der Bandbreite her dann sogar 'Fernsehen' möglich, abends im Bus die Nachrichten gucken, warum eigentlich nicht. Und wie schon gesagt, dank T-Radio-Abo auch Musik und Radiosender satt, dazu Hörspiele nach Wunsch, eigene Musikzusammenstellungen, was auch imemr Sie über diverse Tonträger und Rundfunk bislang hören konnten, das alles kann das WW-Handy. Termin­kalen­der, Uhr, Wecker, Notizblock, Geldbörse, Mini-TV, Schlüsselanhänger und natürlich Telefon, alles in einem - was brauche ich mehr? Fehlt nur noch der geniale Schwungscheiben-Aufzug, und das Ding braucht noch nicht mal mehr geladen zu werden...

 

Ach so ja, WW-Handy? Das heisst natürlich neudeutsch: WristWatch-Handy, also Handgelenk-Handy. Das Wörtchen Wehweh würde in kürzester Zeit eine ganz neue Bedeutung erlangen (hast Du Dein Wehweh dabei)? Denn HH für HandgelenkHandy, das wäre viel zu nah' an Haha, finden Sie nicht?

 

© Lorenz Borsche, 31.12.2000 (Letzte Änderung: 14.1.2001)