Liebe Kolleginnen und Kollegen,

7. Anonymous — und warum Sie das etwas angeht

Nun kommt im letzten Moment noch ein neues Thema, zu dem ich unmöglich still sein kann.

Viele von Ihnen werden die seit kurzer Zeit innerhalb der Branche zunächst nur kursierende, mittlerweile durch Bericht­erstattung öffentliche E-Mail eines „selbsternannten Anonymus“ über den Börsenverein kennen. Allerdings ist es diesem Anonymus nicht gelungen, sich so gut zu verstellen, dass er nicht doch zu erkennen wäre.

Überschrift dieses Textes: Börsenverein ade? Eine Analyse ...

1. Ich finde das schlimm!

2. Und ich finde es schade!

3. Und ein bisschen habe ich mich
    geärgert.

Nein, nicht schlimm, dass es diesen Text gibt, das gefällt mir und hoffentlich auch noch einigen anderen in unserer Bran­che durchaus.

Zu 1.

Aber schlimm finde ich es, dass die teil­weise sicherlich berechtigte Kritik von jemandem artikuliert werden muss, der als Dienstleister (im EDV-Bereich?) in dieser Branche agiert, und wir als Mit­glieder dieses Verbandes es bisher nicht in der Breite geschafft haben, diese Kri­tik selbst zu formulieren. Das wäre näm­lich unsere Aufgabe gewesen, und das ist unsere Aufgabe auch in der Zukunft.

Ein Verein, egal ob Börsenverein oder Kaninchenzüchterverein, kann nämlich immer nur so gut sein, wie seine Mit­glieder ihn gut sein lassen. Und das müs­sen sich die Mitglieder dieses Börsenver­eins alle zusammen fragen lassen, was sie (Sie!) denn in der Vergangenheit getan haben, um einen lebendigen Verband mit­zugestalten. Einen Verband, in dem mit Elan und mit Freude Zukunftsaufgaben diskutiert und daraus Handlungen abgeleitet werden. Einen Verband, der kritikfähig und kritikwürdig daherkommt, weil seine Mit­glieder mit Sachverstand für Verbes­serungen zu streiten in der Lage sind. Und was gedenken sie (Sie!) in Zukunft dafür zu tun?

Der Börsenverein, liebe Kolleginnen und Kollegen, das sind nicht „die da in Frankfurt“. Der Börsenverein, das sind wir – wir alle zusammen. Und da genügt es eben nicht, alle drei Jahre auf einem Wahlzettel ein Kreuzchen zu machen und dann in der Mentalität „Hannemann, geh du voran“ die gewählten Vertreter/innen agieren zu lassen. Wobei ich für den AKS-Sprecherkreis und meine Wenigkeit und auch für eine ganze Reihe Kolleginnen und Kollegen im Sortimenter-Ausschuss in Anspruch nehme, dass wir engagiert gearbeitet haben und auch weiterhin arbeiten.

Zu 2.

Sehr schade finde ich, dass Anonymus nicht sagt, wer er ist. Damit reduziert er die Akzeptanz seiner Aussagen und bietet seinerseits  Angriffsfläche. Und die Not­wendigkeit zur offenen Diskussion wird, so fürchte ich, weniger ernst genommen als es Not täte.

Zu 3.

Und als ärgerlich empfinde ich es, dass alle Kritikpunkte so relativ unsortiert durch­einander geworfen werden. Auch Kritik, vor allem solche, die konstruktiv sein soll, muss gut strukturiert und gut aufbereitet sein. Vor allem aber muss sie in allen Punkten wirklich wahr sein, und auch da scheinen mir in diesem Text leider einige Fragezeichen angebracht.

Trotzdem – dass dieser Text jetzt existiert, darf in der Branche nicht wieder zum üblichen Stillschweigen führen. Ein Leser­brief, eine Meinungsäußerung oder Ähn­liches kann man auch trotz Weihnachts­geschäft noch schreiben. Wenn einem die Sache wichtig ist.

Wenn jetzt wieder alles schweigt, doku­mentiert eine ganze Branche, wie un­wichtig ihr der eigene Verband und damit sie sich selbst ist.

Und weil Anonymus uns mit seiner Aktion die Gelegenheit gibt, das Gegen­teil unter Beweis zu stellen, gebührt ihm unser aller Dank.

Danke also, L.B, und wenn Sie jetzt noch den Mut haben und sich zu erkennen geben, dann gebührt Ihnen auch unsere Anerkennung.

Diesen letzten siebten Punkt meines Briefes habe ich ohne Abstimmung mit dem AKS-Sprecherkreis oder irgend jemand anderem formuliert. Er gibt daher ausschließlich meine persönliche Meinung wieder. Ich bin aber sicher, dass viele Kolleginnen und Kollegen diese Meinung so oder ganz ähnlich teilen.

Ihre
Ilona Rehme
AKS-Sprecherkreis