Die Wunsch-eM@il
aus Heidelberg:
Das ist doch klar. Das kann einfach nicht funktionieren.
Rechnen Sie doch mal mit. Also: Sie haben einen Computer und fangen an, sich
Ihre Wunschmusik per Napster-Tauschbörse aus dem Internet herunterzuladen und
selbst auf CD zu brennen. Das Aussuchen (ojeh), der Download der MP3-Daten (ach
weh, bei ISDN mind. 2x Musiklänge) und das Brennen (noch mehr ojeh, je nach
Brenner über eine Stunde) kostet Sie, seien wir doch mal ehrlich, mindestens
drei Stunden im Schnitt, die kaputten Rohlinge durch BufferUnderRun gar nicht
mitgezählt. Toll! Wenn wir jetzt noch die Computeranlage mit abschreiben, ist
die selbstgebrannte CD teurer als jede gekaufte, vom Ärger mit der Technik mal
ganz abgesehen. Wer also wollte da noch zusätzliches Geld für den Download
ausgeben? Zu diesem Schluss kam Anfang April 2001 auch SPIEGEL-Online-Autor
Tuma:
"Vier Tage. Zweieinhalb Songs. Man soll nicht meckern. Okay, es wäre
weitaus spaßiger, einfacher und billiger gewesen, sich einfach die CD im
Elektromarkt zu kaufen. Aber würde man das wollen, nach derart viel
Neue-Welt-Eroberungs-Hochgefühl? Ehrlich gesagt: ja."
Deshalb bleibt Napster mit dem ganzen Technikheckmeck nur was für die Kids mit
viel Zeit und wenig Geld und deshalb nur interessant, wenn es kostenlos ist.
Was wünsche ich mir denn wirklich? Nein, bloß nicht noch mehr CDs im Regal. Und nicht
noch 'ne Fernbedienung für die 3. Stereoanlage im Gästezimmer (die kleine, die
mit der Wurfantenne nur miese Sender reinkriegt). Aber ich würde gerne mal die
neueste Dire-Straits-CD hören. Die liegt aber gerade im CD-Wechsler im
Auto. Und die 'Brothers-in-Arms' haben wir sowieso nicht. Ehe ich die jetzt
gesucht, runtergeladen, gebrannt, ach, vergessen Sie's....
Ich wünsche mir Ron Sommers T-Radio:
Telefon hat doch jeder. Und TDSL-Highspeed-Internet macht die Telekom jetzt
auch bei analogen Anschlüssen. Damit kann Musik in bester Qualität auf mehreren
Kanälen übertragen werden und die Telefonleitung ist trotzdem frei. Was
brauch' ich dazu? Richtig, ein kleines, cleveres Endgerät - eben das T-Radio.
Denken Sie sich ein schickes Telefon, zum an die Wand hängen oder aufstellen,
mit Mobilteil. Das hat ein mehrzeiliges Display und diese ABC/DEF-Tastatur, wie
es Handys haben, also 10 Zifferntasten, mit denen aber auch Buchstabeneingabe
möglich ist. Und natürlich die clevere Worterkennung, wie wir sie für die
SMS-Eingabe kennen. Sie wollen telefonieren? Bitte sehr, Hörertaste drücken,
los geht's. Sie wollen Radio hören? Tippen Sie einfach 7-3-7-3. Das Display
zeigt Ihnen (unter anderem) SDR3 und weil Sie diesen Sender bis jetzt am
häufigsten gewählt haben, steht er ganz oben in der Liste. Sie drücken #,
und regeln die Lautstärke mit den Pfeiltasten. Ach ja: die kleinen Boxen an der
Wand werden direkt aus dem T-Radio versorgt, für die 2x1 Watt, mit der wir
Zimmerlautstärke erzeugen, reicht ein Steckernetzteil allemal. Die
Technikfreaks kaufen sich einen Zusatzverstärker, den sie hinten anstöpseln
können, und große Boxen dazu. Oder sie haben Ohrstöpsel am Mobilteil. Und hören
damit Dire Straits. Wie das geht? Naja, ich tippe:
3
4 7 3 7
(def) (ghi) (pqrs) (def) (pqrs)
und schon zeigt das
Menü:
DIRE Straits .. ->#
EISERmann ..
FIREStorm ..
Mit # komme ich in die Unterauswahl
aller Dire-Straits-CDs. Mit *Alle chrono* und *Alle Zufall*,
beides ganz oben in der Liste, gibt es chronologisch oder zufällig ausgewählt
alle Dire Straits-Titel. Kommt einer, der mir nicht gefällt, drücke ich die
Löschtaste. Das schlaue Heinzelmännchen im Zentralcomputer merkt sich das
und spielt mir den Titel nie mehr vor, überspringt ihn sogar, wenn ich
die komplette CD angefordert habe. Klasse! Die ganze Musik der Welt steht mir
zur Verfügung ohne Platzbedarf, ohne in den Laden zu rennen, ohne Kratzer,
Staub, defekte CD-Spieler, und was des HiFi-Ärgers sonst noch so ist. Neben der
Musikbibliothek gibt es traditionelle "Radio"-Stationen: den
werbe-und nachrichtenfreien Klassiksender (KLASS: 55277), POP der 60er (POP6:
7676) bis 90er (POP9: 7679), dito Rock (ROCK: 7625..), Volksmusik (VOLKS:
86557..), bunt gemischt den ganzen Tag.
Anderes Zimmer? Kein Problem: der drahtlose
Hausfunk verkraftet das leicht, und TDSL reicht für 6 x 128 kBit das sind
sechs Kanäle Stereo in guter MP3 Qualität. Da kann die Oma Volksmusik hören,
die Kinder Pop und Rock, die Eltern hören Klassik sogar mit 2x128 KBit
(allerbeste Qualität) und immer noch ist Platz für's Internet-Surfen mit
doppelter ISDN-Geschwindigkeit und das Telefon ist trotzdem nicht belegt! Und
mit dem neuen 64Kbit-Codec (AAC) ist sogar doppelt soviel Platz in
HiFi-Qualität! Für die Küche gibt es die jahreszeitlichen Kochrezepte (REZEPT:
73937...) auf dem T-XL-Modell mit eingebautem Thermodrucker, der den
Einkaufszettel, aber auch Briefmarken, Bahn- und Bustickets ausdruckt. Jeder
kann im T-Radio zentral seine Termine (Zahnarzt etc.) ablegen, das Gerät macht
dann zu gegebener Zeit darauf aufmerksam sogar per SMS, falls ich unterwegs
bin. Uhr, Wecker und Geburtstagskalender sind eingebaut, sogar die
Türöffner-Hausprechanlage hängt mit dran. Und wenn ich über mein T-Radio jede
beliebige CD der Welt aussuchen und hören kann, ohne sie jemals in den Schrank
stellen zu müssen, dann hat sich's ausgenapstert, wer ein T-Radio hat,
brennt keine CD mehr.
Sie denken an die Wunsch-CD, das eigene
Programm, das Sie sich früher mühevoll aus dem Radio zusammengeschnitten und
auf Tonbänder oder Cassetten gespeichert hatten? Und heute per Napster auf CD
bannen? Klar, ich würde auch gerne meine selbst gemachte Pop&Rock-Cassette
Nr. 3 mal wieder hören. Mit dem T-Radio nichts leichter als das: Songs nacheinander
übers Menü anwählen, dann den Memory-Knopf drücken. Am Schluss noch eine
Bezeichnung (Band Nr. 3) dazu, fertig. So stellen Sie sich virtuell Ihre
eigenen Mischungen her. Und können Sie überall abhören, wo eine Anlage ist, Ihr
UMTS-Handy macht den Kontakt und Sie wählen nur noch Band No. 3, im Auto, im
Hotel, im Schwimmbad (mit Ohrhörern), sogar bei Freunden im Gästezimmer. Und
ohne irgendwas dazu mitzunehmen. Und natürlich haben Sie nicht nur Zugriff auf
Musik, sondern auch auf Science-Fiction und Krimi-Hörspiele, Hörbücher der
Weltliteratur, Sprachlernprogramme, was auch immer Ihr Herz begehrt, vor allem
aber, wann auch immer Sie wollen. Wie oft habe ich ein Hörspiel verpasst, bin
zu spät gekommen. Wie gerne würde ich so manches Hörspiel von damals wiederhören.
Mit dem T-Radio-Pool gar keine Sache.
Und was soll das kosten? Nun, all die Vorteile
meines T-Radios, das lasse ich mir doch 20.- DM im Monat wert sein, oder?
Warum 20.- DM? Sechs Milliarden setzt die
Musikindustrie im Jahr um, pro Einwohner weniger als 10.- DM im Monat. Mit
T-Radio entfallen natürlich alle Distributionskosten für die Tonträger, aber
die Geräte müssen ja auch bezahlt werden. Einen halben Tausender wird das
T-Radio schon kosten, auch als absolutes Massenprodukt. Und wird nach fünf
Jahren auswechslungsreif sein. Deshalb: 5.- für die Musike (das ist reichlich,
die GEMA wird sich freuen) und 10.- fürs Gerät, dann kommt es hin. Und bei 20.-
DM/Monat macht die Telekom schon einen fetten Gewinn. Und so kommt bei allen
Freude auf: nie mehr die Hifianlage umziehen müssen, neu kaufen müssen, mein
T-Radio ist alles, was ich brauche. Zudem ist es die Killerapplikation
für UMTS. Unterwegs meine Musik hören, ohne noch einen MP3-Player dabei
haben zu müssen! Statt Autradio mit CD-Wechsler nur ein Verstärker mit
Einschubfach für mein UMTS-Handy, wunnebar!
In UMTS sieht dann endlich im April 2001
auch Bertelsmann den Heislbringer für Napster & Co: "Ein großer
Zukunftsmarkt wird mit der Funkübertragung UMTS entstehen." Musik
werde von jedem mobilen Gerät und jedem Handy aus abrufbar sein. Der Besitz an
festen Datenträgern wie CD oder Schallplatte werde dann im Prinzip überflüssig,
meint am 14.4.2001 Frank Sarfeld, Sprecher der Bertelsmann E-Commerce Group
(BECG) laut dpa. Und daß das Napster-Abo-Modell nicht funktioniert, wird hier
zwischen den Zeilen auch deutlich, wenn Sarfeld weiter zitiert wird: Vermutlich
werde es auch weiterhin MP3-Dateien geben, die etwa der Online-Dienst AOL
anbieten will. "Ein Preis von zwei bis drei Dollar pro Titel wird für
viele Musikliebhaber allerdings nicht mehr so attraktiv sein, da die Kosten
inklusive Telefongebühren im Vergleich zum Kauf einer CD relativ hoch
sind." Wieso Nutzer des neuen Napster allerdings für nicht mehr auf CD
brennbare Titel bis zu 21.- DM im Monat berappen wollen sollten, diese Frage
bleibt offen: "Unser Mitgliedermodell sieht das Brennen von Musikstücken
im MP3- Format auf CD nicht mehr vor." Die Songs sollen künftig im
Dateiformat NAP übertragen werden - nur zum Anhören am PC. Mit Hilfe eines
eingebauten Schutzes soll das Kopieren und Verbreiten verhindert werden. Dass
damit ein großer Reiz für die mittlerweile 72 Millionen Napster-User verloren
gehen könnte, glaubt Sarfeld nicht. Die Nutzer seien bereit, für ihre Musik zu
zahlen, heisst es lapidar in der dpa-Meldung. Das hört sich eher nach lautem
Pfeifen im tiefdunklen Wald an, als nach eine funktionierenden Businessmodell
denn bis UMTS kommt, wird Napster pleite sein, wenn nicht das T-Radio die Zeit
überbrückt.
So ganz nebenbei ist das T-Radio auch eine
DSL-Killerapllikation in der Telefonie: es eignet sich ohne weitere Änderungen
natürlich besonders gut für Voice-over-IP, also die Internet-Telefonie. Damit
könnte ein Carrier wie die Telekom tatsächlich kostenlos resp. gegen eine
Festgebühr (Flatrate) Nah- und Ferngespräche anbieten, natürlich nur
zwischen TDSL-Kunden. Damit würde sich das Gerät so schnell verkaufen wie
vordem noch kaum etwas anderes und die Telekom wäre lästige Konkurrenten los.
Erinnern Sie sich an BTX? Hier war
das ein Flop, aber in Frankreich hat man das schlaue MiniTel
dazubekommen: in die Telefondose einstöpseln und los gings, quasi Beckermäßig.
Das MiniTel wurde ein Millionen-Erfolg. Könnte das T-Radio auch
werden, wenn es nur jemand bauen wollte...
© Lorenz Borsche, 31.12.2000 (Letzte
Änderung: 14.3.2001)
Ergänzende
Artikel und Meinungen dazu:
Musikhören:
"Alles Spaß und gratis"
Musikindustrie: Mit
MTV gegen Napster
UMTS: Suche nach der
"Killerapplikation" (Vermischte Meldungen)
Die CD ist ein
antiquiertes Medium (Sarberg/BEG im dpa-Intrerview)
Produktdesign:
"Es fehlt häufig der Blick auf die Menschen"
Problems
& Questions (14.3.2001)
Lösung
All-in-One: T-Radio
Auf das kombinierte Telefon-Radiogerät
können mit TDSL in AAC-Technik (MP4) bis zu 12 Musikkanäle nach Wunsch im
Streaming-Verfahren im Festnetz übertragen werden, ohne die Telefonleitung zu
belegen. Mit Music-on-demand, ausgewählt über die alpha-num-Tastatur in
T9-Technik wird das private Musikarchiv ebenso überflüssig wie die dazugehörigen
Geräte (Tuner/CD-Player/MC-Player), an das T-Radio werden nur 2 Boxen (oder am
Mobilteil Ohrhörer) angeschlossen, für Anspruchsvolle ev. Zwischenverstärker
und größere Boxen. Um in anderen Zimmern ebenso Musik zu hören, genügt das
Mobilteil des Telefons und eine Ladeschale mit Verstärker und Boxen. Für
unterwegs (Auto/Bus&Bahn/Strand etc.) kann UMTS für denselben Service auf
einem Kanal genutzt werden.
Die Musik kommt in digitaler Qualität, also
wie im DAB-Satellitenradio, die Auswahl ist unbegrenzt, d.h. es steht die
gesamte Musik der Welt zur Verfügung. Dsgl. können alle Radiostationen und
Hörprogramme angewählt werden. Eine Memory-Funktion, mit der Listen auf dem
Zentral-Server angelegt werden, ersetzt die privaten Musikzusammenschnitte auf
Tape oder CD, eine Skip-Taste erlaubt es, unerwünschte Titel zu überspringen
und diese Information dauerhaft im Profil zu verankern. Die Finanzierung über
Abo-Gebühren an die GEMA erlaubt eine präzise Verteilung an die
Copyrightinhaber. Werbeinblendungen können diese Abo-Gebühren durch
Gutschriften entsprechend senken, die Skip-Taste erlaubt eine Rückmeldung über
die Effizienz der Werbung.
Die Bandbreite und das Encoding per AAC
sind für Voice-over-IP besonders geeignet, so daß diese Technik damit
computerunabhängig auch breiten Massen zugänglich wird. Ebenso können nun
bestimmte Textinhalte (Fahrpläne, Kino & Theater, Börsenkurse,
Ticketreservierung etc.) WAP-ähnlich breiten Nutzermassen zugeführt werden, die
sonst niemals 'Internet' oder WAP benutzen würden ('28 Mio Internetmuffel').
Die überlegene, einfache Technik und
Bedienung, sowie die Verfügbarkeit nahezu unendlich großer Musikarchive,
kombiniert mit den Möglichkeiten von User-Profilen ('ähnliche' Musik hören
etc.) führt ganz von selbst zum Verschwinden anderer Aufbewahrungs- und
Verbreitungsformen, das 'Brennen' und damit alle Copyright-Probleme sind
beseitigt. Mit Hilfe aus der Handy-Revolution bekannter Finanzierungsmodelle
(Gerät umsonst, monatliche Abogebühr, Voice-over-IP-Gespräche erlaubt stark verbilligte
Gespräche), ergänzt um die Werbeeinnahmen, sollte sich diese Technik binnen
einer halben Dekade flächendeckend durchsetzen lassen.
Für Gerätehersteller, Internetprovider und
Telekom ist der Nutzen unmittelbar ersichtlich, aber auch die Musikindustrie
profitiert enorm. Nicht nur entfallen die Hälfte aller Kosten des
Verkaufspreises einer CD, die durch Produktion und Distribution entstehen, das
Abo-Modell versorgt die Industrie in ähnlicher Weise wie die Gebühr den
öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Die Produktionszyklen werden stark verkürzt,
der Zwang, jeweils ein ganzes Album zu füllen, entfällt, und durch den
Random-Likelihood-Mix anhand des User-Profils können neue Künstler auch Hörern
nahegebracht werden, die keine Zeit haben, sich um Novitäten zu kümmern. Das
Abrechnungsmodell verschiebt die wirtschaftliche Bedeutung von Quantität in
Richtung Qualität, da nun auch 'alte' Titel, ständig 'wieder'verkauft werden
und damit den Copyrightinhabern und Produzenten langfristige Einnahmen sichern.
Ganz nebenbei ist dieser Service die von
allen herbeigesehnte Killeraplikation für UMTS. Der Textmodus läßt sich
vielfältig nutzen (Nachrichten, Fahrpläne, Ticketbuchung etc.) und erlaubt
endlich auch SMS von und zu Festnetz-Endgeräten, Missbrauch ist de fatco unmöglich,
da wg des Abos resp. User-Profils eine Identifikation des Endgerätes
unumgänglich ist.
Geschütztes Archiv: